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Blitzschnell scharf gestellt

Fokusvariable Linsen ermöglichen ein schnelles Fokussieren in vielen Anwendungen der Bildverarbeitung, in denen sich der Arbeitsabstand zwischen Objekt und Kamerasystem häufig verändert.

Vor allem in der Massenfertigung von Produkten ändert sich der Arbeitsabstand zwischen Objekt und Kamerasystem in der Regel nicht oder nur geringfügig. In diesen Fällen ist das optische Design eines Bildverarbeitungssystems relativ einfach: Aus dem vorliegenden Arbeitsabstand und der gewünschten Auflösung errechnen sich die optischen Kenngrößen des Systems, das dann nach der Auswahl der geeigneten Komponenten und dem Einbau in die Anlage ohne weitere Anpassungen seinen Dienst tut. Eine Umrüstung der Anlage auf Produkte mit anderer Geometrie erfordert dann zwar ein einmaliges Anpassen des Bildverarbeitungssystems, aber danach läuft die Anlage im Optimalfall ohne weiteren Eingriff wieder bis zur nächsten Umstellung.

In vielen Anwendungen müssen Bildverarbeitungssysteme jedoch im Gegensatz dazu einen häufigen Wechsel des Arbeitsabstandes realisieren. Im Extremfall kann sich der Abstand zwischen Prüfebene und Kamerasystem von jedem einzelnen Objekt zum nächsten ändern, was am besten anhand einer Anlage zum Lesen von Adressen auf Paketen anschaulich gemacht werden kann: Die Höhen solcher Pakete können laufend variieren. Um die gewünschten Informationen stets scharf aufnehmen zu können müsste in diesem Beispiel der Arbeitsabstand zum Bildverarbeitungssystem oder der Fokus der Optik für jedes Paket angepasst werden, was auf mechanische Weise oft nicht in der nötigen Geschwindigkeit machbar ist.

Zwar erlauben traditionelle optische Systeme innerhalb gewisser Grenzen ein Fokussieren je nach erforderlichem Abstand, doch müssen dazu eine oder mehrere Linsen entlang der optischen Achse verfahren werden. Dies erfordert Motoren und mechanische Führungen, was nicht nur die Baugröße und Antwortzeit limitiert, sondern auch die Robustheit und die Lebenszeit einer Lösung.

Variable Krümmung der Linse

Fokusvariable Linsen wie beispielsweise die Optotune EL liefern für solche Anwendungsfälle eine interessante Alternative. Technische Basis dafür ist die variable Krümmung einer Linse, die aus einer Membran besteht und mit einer Flüssigkeit gefüllt ist. Wird der Druck innerhalb der Linse verändert, so lässt sich die Krümmung einstellen. Eine Änderung des Linsenradius von wenigen Mikrometern kann dabei bereits die gleiche optische Wirkung erzielen wie das mechanische Verschieben einer Linse um mehrere Zentimeter. Optische Systeme können somit kompakter, oftmals mit weniger Linsen und ohne translatorische Bewegung gestaltet werden.

Das Schweizer Unternehmen Optotune hat sich auf die Entwicklung solcher fokusvariablen Linsen spezialisiert. Die Ansteuerung der elektrooptischen Bauelemente hat das Unternehmen stromgesteuert über einen elektromagnetischen Aktuator realisiert. Die Brechkraftänderung (in Dioptrien gemessen) verhält sich dabei linear zum eingeprägten Strom, ist reproduzierbar und auch frei von Hysterese.

Allerdings variiert das Verhältnis zwischen Brechkraft und Strom aufgrund von Produktionstoleranzen von Linse zu Linse, und auch Temperaturschwankungen beeinflussen die Ansteuerung. Um trotzdem eine akkurate Steuerung der Brechkraft zu ermöglichen, enthalten die Linsen von Optotune einen Temperatursensor, auf dem zusätzlich die Kalibrierdaten der jeweiligen Linse gespeichert sind. Mit dem ebenfalls angebotenen Stromtreiber lässt sich somit eine absolute Genauigkeit von typischerweise 0,1 Dioptrien erreichen. Die Kommunikation mit dem Treiber erfolgt über eine USB-Verbindung und ein serielles Protokoll, das in diversen Programmiersprachen implementiert werden kann. Der Quellcode für die Ansteuerung ist in C# und Labview verfügbar. Ein alternativer Stromtreiber mit GigE-, RS232- und Analogschnittstellen ist von der britischen Firma Gardasoft erhältlich. Zur Vereinfachung der Systemintegration für den Anwender arbeitet Optotune mit diversen Kameraherstellern und Softwarefirmen im Bereich Bildverarbeitung zusammen, um eingebaute Autofokusfunktionen realisieren zu können.

Schnell und robust

Flüssiglinsen bieten eine Reihe weiterer Vorteile. So kommen sie komplett ohne teure, mechanische Antriebe aus und erlauben zudem ein robusteres Design, das mit höheren Genauigkeiten arbeiten kann als Optiklösungen auf mechanischer Basis. Während mechanische Autofokussysteme oftmals bezüglich Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit an ihre Grenzen stoßen, ermöglichen fokusvariable Linsen ein Fokussieren über große Unterschiede im Arbeitsabstand hinweg innerhalb von Millisekunden und gewährleisten Milliarden von Zyklen. Zudem lassen sie sich komplett abdichten, so dass kein Staub eintreten kann, was die Fehleranfälligkeit während der Bildaufnahme und der nachfolgenden Auswertung reduziert.

Eine weitere interessante Eigenschaft fokusvariabler Linsen ist die Verwendbarkeit verschiedener optischer Materialien. Besonders für polychromatische abbildende Optiken bietet sich eine Flüssigkeit mit tiefer Dispersion mit einem Brechungsindex von 1.300 und einer Abbe-Zahl von 100 an. Bei solchen Linsen tritt praktisch keine chromatische Aberration auf.

Fokusvariable Linsen können aus diesem Grund auch mit handelsüblichen Objektiven zu hochqualitativen Autofokussystemen kombiniert werden, ohne dabei auf zusätzliche Maßnahmen zur Farbkorrektur achten zu müssen.

Anwendungsbeispiele

Ein schneller Wechsel des Arbeitsabstands und demzufolge ein häufiges Fokussieren wird in vielen Anwendungsfeldern immer öfter erforderlich. Auch vor dem Hintergrund von Industrie 4.0 nimmt die Bedeutung fokusvariabler Linsen zu: Wer kleine Losgrößen herunter bis zu Stückzahl 1 fertigen will, muss seine Produktion mit Lösungen ausstatten, die schnell und flexibel auf sich ändernde Geometrien der Prüfteile reagieren können.

Schon heute existieren viele Beispiele, in denen die elektrooptischen Bauelemente von Optotune im Einsatz sind. Eine der offensichtlichsten Anwendungen für fokusvariable Linsen ist das Lesen von 2D-Codes, unter anderem auf Objekten unterschiedlicher Größe in der Logistik-, Pharma- oder Automobilbranche. Während 1D-Codes mit einem Laser gescannt werden können, erfordert das Lesen von 2D-Codes eine Kamera. Diese eröffnet zusätzliche Inspektions- und Vermessungsfunktionen. Fokusvariable Linsen ermöglichen hier eine erhebliche Ausweitung des Arbeitsbereichs, z.B. von unendlich bis auf wenige mm. Im typischen optischen Aufbau wird die fokusvariable Linse dabei direkt vor einem Objektiv mit fester Brennweite montiert.

Es gibt diverse Prinzipien zur Ansteuerung: Ist dem System die Distanz zum Objekt bekannt, so lässt sich der Arbeitsabstand in Form eines offenen Regelkreises direkt steuern, indem die Linse auf die entsprechende Brennweite eingestellt wird. Die Distanzinformation kann entweder von einem geeigneten Sensor bereitgestellt werden, oder das System weiß aufgrund der Programmierung, welches Objekt als nächstes geprüft wird. In diesem Modus sind Einstellzeiten des Fokus von 5 bis 15 ms möglich.

Ist die Distanz nicht bekannt, kann die Linse auch in einem Oszillationsmodus betrieben werden. Bei tiefen Frequenzen von z.B. 5 Hz lassen sich mehrere Bilder mit jeweils unterschiedlichen Arbeitsabständen aufnehmen, bis ein Code erfolgreich gelesen wurde. Dieser Ansatz ist zwar nicht besonders schnell, aber einfach zu implementieren und ohne Kalibrierung nutzbar.

Bei hohen Frequenzen (bis zu einigen 100 Hz) lässt sich während der Verschlusszeit der ganze Arbeitsbereich durchstimmen. Es resultiert ein Bild mit erweiterter Tiefenschärfe, allerdings bei vermindertem Kontrast, da sich die einzelnen „Bilder“ mit unterschiedlichem Fokus während der Verschlusszeit additiv überlagern. Codes mit gutem Kontrast lassen sich so dennoch ohne weiteres erkennen.

Auch die Inspektion von optischen Komponenten mit mehreren Oberflächen wie z.B. Kameralinsen von Mobiltelefonen oder das Zählen von Partikeln in einem 3-dimensionalen Flüssigkeitsvolumen zählt zu den Anwendungen, in denen Optotune-Linsen sich als sehr geeignetes Mittel erwiesen haben.

Anwendungen mit hoher Vergrößerung

Bei Anwendungen, welche eine hohe Vergrößerung erfordern, wird die fokusvariable Linse in der Regel zwischen Objektiv und Tubuslinse platziert. Der erreichbare Z-Bereich hängt dabei vom Vergrößerungsfaktor ab. Ein typisches System erreicht bei einer 5-fachen Vergrößerung einen Z-Bereich von 16 mm. Wird die fokusvariable Linse von einer 12 Bit-Stromquelle betrieben, die 4096 Schritte erlaubt, so ist eine axiale Auflösung von 4 µm erreichbar.

Ein Anwendungsbeispiel eines solchen Systems ist die Prüfung von Leiterplatten. Die meisten Prüfmaschinen bewegen eine Kamera mit mechanischen Antrieben entlang der X- und Y-Achsen. Aufgrund von Verzerrungen der Leiterplatten, Ausrichtungsproblemen und Spiel in der Mechanik ist es schwierig, über den gesamten Prüfbereich fokussiert zu bleiben. Selbst bei 10-facher Vergrößerung lässt sich mit einer fokusvariablen Linse dank eines Z-Bereichs von 4 mm problemlos nachfokussieren. Auch hier kann zur Bestimmung des Arbeitsabstandes ein Sensor verwendet werden, sofern das PCB über das Gesichtsfeld hinweg flach ist. Andernfalls lassen sich mit Autofokusalgorithmen rasch einzelne Bildbereiche scharf stellen.

Teil eines Gesamtsystems

STEMMER IMAGING vertreibt die fokusvariablen Linsen von Optotune bereits seit einiger Zeit. In Kombination mit allen weiteren erforderlichen Komponenten wie unter anderem den geeigneten Beleuchtungen, Optiken und Kameras, dem Stromtreiber von Gardasoft sowie hilfreichen Servicedienstleistungen wie Machbarkeitsstudien oder Unterstützung bei der Auslegung von Systemen bieten die Bildverarbeitungsspezialisten somit alles aus einer Hand, um die Nutzung dieser Technologie zu vereinfachen. Dank der zunehmenden Verfügbarkeit von Elektronik und Software ist die Integration von fokusvariablen Linsen somit heute so einfach wie noch nie.

Kurz erklärt

  • Mehr zum Thema chromatische Aberration bzw. chromatische Abweichung